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Orioxy / Ausserordentliche Klangwelten voller Assoziationen

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Sängerin Yael Miller und Harfenistin Julie Campiche lieferten mit Orioxy im Steinhäuser Hof ein beeindruckendes Konzert ab.

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Das israelisch-schweizerische Ensemble Orioxy zeigt im Steinhäuser Hof, dass Jazz eine fesselnde Sache sein kann – sofern man sich darauf einlässt 

NEUSTADT. Die große Konzertharfe ist außerhalb der Klassik eher selten anzutreffen. Bei Gruppe Orioxy macht sie allerhand spannende Töne, genauso wie die Sängerin, die nicht nur singt. Bass und Schlagzeug machen nicht nur Groove. Das israelisch-schweizerische Ensemble war zu Gast beim Neustadter Jazzclub im Steinhäuser Hof. 

Es fing an mit dem Atem. Sängerin Yael Miller macht mit Atemgeräuschen einen Rhythmus, Julie Campiche, Harfenistin und zweite Sängerin, steigt darauf ein und schnauft und keucht mit. Die Wirkung ist unmittelbar: Atem hören schafft Intimität, rhythmisches Atmen weckt sofort Assoziationen. Die Musik, die das Ensemble macht, lebt von Assoziationen. Bei Orioxy fließen Kunstlied, Avantgarde, Jazz und orientalische Klänge in Eins. 

Das schöne dabei ist, dass daraus eine neue Gesamtheit wird – die Musik wirkt schlüssig und nicht eklektizistisch zusammengeschraubt wie bei manchen Worldmusic Projekten. Woher die verschiedenen Quellen zusammenfließen und zu einem neuen Fluss werden, erklärt sich aus den unterschiedlichen Persönlichkeiten der Musiker, von denen noch keiner älter als 30 ist. 

Sängerin Yael Miller ist in Israel geboren und studierte dort Gesang, Piano und Posaune. Bei Studienaufenthalten vor Ort befasste sie sich mit der Musik des nördlichen Indien. Sie kommt nach Genf und lernt dort nicht nur die Jazzszene kennen, sondern auch Poetry Slammer und Rapper. 
Und sie trifft die Harfenistin Julie Campiche. Die war die erste Harfenspielerin an der Jazzschule in Lyon. Dem Instrument haftet das Klischee der Biederkeit an, selten hört man mehr als „Pling-Pling“ und ein gelegentliches Arpeggio als Effekt. Es geht auch anders. Julie Campiche reißt auch an Basssaiten dass sie scheppern, verkürzt die Saiten mit einem Metallstift und macht damit Slide-Effekte, sie spannt einen Papierstreifen in die Saiten, der schnarrende Klänge macht und dergleichen mehr. Mit Yael Miller schreibt die Harfenistin die Stücke für das Ensemble. Die Sängerin bringt orientalische Skalen ein und schafft neue modale Klänge. Es gibt ungewöhnlichen Tonfolgen, starke Reibungen – aber gerade das macht den Reiz aus. Miller singt nicht nur, sie spricht und manchmal schreit sie. Manchmal nimmt sie vorhandene Texte, von Heinrich Heine hat sie zwei Gedichte in Hebräisch vertont. 

Schlagzeuger Roland Merlinc, der in Lyon und Paris Jazz und Improvisation studierte, ist in dieser Besetzung viel mehr als bloßer Timekeeper. Mindestens so wichtig wie der Groove ist das Erzeugen von Klängen und Texturen. So schafft er mit Stöcken, Besen oder bloßen Händen auf einen vergleichsweise kleinen Schlagzeug einen wesentlichen Teil der Atmosphäre. 
Manu Hagmann, noch ein Schweizer, und mit 30 Jahren der Älteste der Gruppe, studierte Jazz-Kontrabass. Er wechselt zwischen gezupften Grooves, gestrichenen Klangmalereien und solistischen Improvisationen. 

„Tales“ – Geschichten – heißt das erste Album der Gruppe, und Geschichten erzählen die Stücke, ob mit oder ohne Worte, ob Hebräisch oder Englisch. Das wesentliche Kriterium des Jazz, nämlich die spontane Interaktion und Improvisation ist hier gegeben. Das Zusammenspiel untereinander ist für die Hörer spannend zu verfolgen. 

Die Musik ist manchmal sperrig, auch mal spröde, aber für aufgeschlossene Hörer auch fesselnd zu hören. Wer sich darauf einlässt, findet sich in neuen und originellen Klangwelten wieder.


Gereon Hoffmann
Die Rheinpfalz / 7 déc. 2011

www.manusound.net